Phytobunker
Thema 1: Biotope und Soziotope

  In allen Räumen erfördert dies eine Vielfalt von Typen und Symbiosen. Im Raum der Natur wollen wir diese Typen als Biotope, im Menschlichen Raum als "Homotope" und in den Räumen Gesellschaft und Welt als "Soziotope" bezeichnen. Wir wollen ferner von einer Logik der Chinesischen Kästchen ausgehen. Der Raum der Welt ist ein extrem reiches "Soziotope", steht jedoch bis jetzt mit keiner anderen Welt in Interaktion ... Innerhalb dieses "Soziotops" befinden sich soziale Systeme, die Exemplare ein und desselben "Soziotops" oder verschiedener "Soziotope" sein können; innerhalb dieser sozialen Systeme können sich auf niedrigeren Komplexitätsebenen wieder gleiche oder unterschiedliche "Soziotope" befinden, bis wir an der Basis "Homotope" erreichen, menschlichen Lebewesen, die denselben oder verschiedenen Typen angehören können und die in sich verschiedene "Homotope" haben können, Neigungen und Eigenschaften, die mehr oder weniger entwickelt sind.

    So könnten wir uns einerseits einen "Raum Welt" vorstellen, der aus einer Anzahl von Gesellschaften gleichen Typs bestünde, fußend auf genau derselben (niedrigen) Anzahl an Komponenten, bevölkert von Menschlichen Wesen einer uniformen Art, die alle dieselben Neigungen in sich hervorgebrachten haben. Andererseits ließe sich eine Welt mit sehr verschiedenen Gesellschaften denken, die sehr unterschiedliche, in sehr komplexen Interaktionszyklen miteinander stehende Komponente enthalten und von sehr unterschiedlichen menschlichen Wesen bevölkert würden, die in sich selbst ganz uneinheitlich vorbrächten, die sich ihrerseits in verschiedenen Weisen untereinander kombinieren und einander befruchten wurden. Eine Welt von einmal sehr niedriger und ein andermal sehr hoher Entropie -das erste Bild das eines sehr unterentwickelten, das zweite das eines ziemlich entwickelten Systems. Offensichtlich meint "Entwicklung" hier eher Komplexität und Reproduktionsfähigkeit als Zielstrebigkeit und Wachstum.

    Für den "Raum Natur" sind dies allgemein Bedingungen ökologischer Stabilität. "Doch ist die Natur ein grausamer Ort" . Sicherlich gibt es Zyklen des Austausches, ökologische Zyklen, die mit Wasser, Kohlendioxid und Sonnenenergie beginnen und die mit Wasser und Kohlendioxid enden (Während Sonnenenergie - dieser freigebige und, wie es scheint, endlose Input -immer weiter zur Verfügung steht). Doch sind einige dieser Zyklen nicht das, wonach wir suchen, wenn wir in Verhaltensregeln für die Räume Mensch, Gesellschaft und Welt übersetzen. Etwa die Nahrungskette, die sich von unbelebten nähren; die Pflanzen, die auch von Mikroorganismen leben; die Tieren, die nicht nur Pflanzenfresser sind, sondern auch Fleischfresser; wir Menschen, die wir alles verzehren, aber nicht wünschen, dass irgend jemand sich von uns ernährt, nicht einmal wir selbst, so dass wir dies als Kannibalismus ausmerzen. Offensichtlich benötigen wir eine strenge Definition der Symbiose als gegenseitiges und nicht allzu ungleiches Profitieren. Austauschzyklen ja, doch mit irgendeiner grundlegenden Form von Gleichheit. In einigen Religiösen Systeme ist diese Norm der Toleranz formuliert als "Ahimsâ", Gewaltlosigkeit, in Bezug nicht nur auf menschliche Wesen, sondern auf Tiere (das Vegetariertum im Falle des Hinduismus und Buddhismus), in einigen Fällen auch auf Pflanzen und sogar Mikroorganismen (etwa in Jainismus). "Ahimsâ" war der Weg Gandhis.

   Auf der Ebene des "Menschlichen Raumes" impliziert Vielfalt Respekt und Toleranz gegenüber anderen Persönlichkeiten, auf der Ebene des Gesellschaftlichen Raum Respekt und Toleranz für andere Arten sozialer Organisation. Doch das ist nicht genug. Es bedarf auch der Symbiose: voneinander Lernen, Austausch, gegenseitiger Nutzen. Und so stehen wir denn da, inmitten einer philosophischen Wildnis: Die Weisheit der Natur lässt sich übersetzen in moralische Befehle und Normen, aber diese sind nicht Normen sozialer Gerechtigkeit oder Gleichheit. Zudem meint der Begriff der Symbiose auch keinen Ausgleich zwischen mehr oder weniger günstig ausgestatteten Entitäten bezieht, wobei "gerecht" meint, dass alle Parteien etwa gleich profitieren sollten. Diese Gerechtigkeit sollte der Interaktion selbst entstammen, als strukturell und nicht durch Verteilung erzeugte Gleichheit. ...


   "Der innere Dialog zwischen Lebewesen ist ebenso wichtig wie derjenige zwischen ihnen."

Johann Galtung, Frieden mit friedlichen Mitteln, 1998, S. 329